Demonicon angespielt
Seit dem 18.10.2013 liegt auf meinem Schreibtisch die Collector’s Edition von Demonicon. Es war das Geburtstagsgeschenk eines guten Freundes, der selbst Teil des Noumena Teams ist und somit an der Entwicklung von Demonicon unmittelbar beteiligt war. Im Laufe der Entwicklung wurde ich somit immer mal wieder auf den aktuellen Stand gebracht, wie es denn dem Baby gehe und wie sich Story und Spiel entwickeln würden. Man hat also eine gewisse Bindung zu diesem Spiel aufgebaut und ich kann jetzt den Stolz der Entwickler ein wenig besser verstehen, wenn sie von ihrem Werk sprechen, es präsentieren und letztendlich in den Regalen stehen sehen.
Seit dem 25.10.2013 ist Demonicon endlich für die breite Masse erhältlich und bietet den „Das Schwarze Auge“-Fans ein Actionadventure auf aventurischem Boden, dass die gesamte epische Bandbreite der „Dere’schen“-Geschichte bietet, wenn es um Erzdämonen, die Schattenlande, den Borbarad- und Zwölfgötterkult und dunkle Rituale geht. Die ersten 6-7 Spielstunden habe ich jetzt bereits hintereinander in der Spielwelt verbracht und möchte eigentlich sofort weiterspielen.
Dabei ist Demonicon alles andere als ein Grafikkracher und landet meiner Meinung nach grafisch sogar noch ein Stückchen hinter Morrowind…und das kam 2002 auf den Markt. Wenn man die grandiosen Animationen eines Witchers oder die atemberaubende Schönheit eines Skyrims zum Vergleich heranzieht, dann gruselt es einem schon ein wenig bei den detailarmen Landschaften, hakeligen Animationen, den verwaschenen Texturen und mittelmäßgen Effekten, die Demonicon einem vorsetzt.
Aber mal ehrlich, das sollte Euch nicht abhalten. Demonicon basiert im Herzen auf einem Rollenspielsystem, dass an einem Tisch zusammen mit Freunden, Würfeln und Kartoffelchips in der Fantasie entsteht. Hier geht es um eine gute Story und die Charaktere. Und da bietet Demonicon einiges! Ich bin sofort wieder da, in Aventurien, sehe mich selbst würfeln und mitgrübeln.
Zugegeben, einige reiten mir ein wenig zu viel darauf herum, dass Demonicon Inzest, Menschenfresser, „weitreichende“ Entscheidungen und Dark Fantasy bieten würde. Mag sein, dass ich über die Jahre schon ein wenig abgestumpft bin oder schon zu viele Rollenspiele gespielt habe. Da schockt mich eine Entscheidung, die sich maximal 5 Minuten später in einem Kampf mehr oder weniger auswirkt, nicht mehr wirklich. Das konnte der Witcher besser. Die Intrigen und komplexere (aber auch ohne DSA-Vorwissen nachvollziehbare) Geschichte um Cairon, seine schwester Calandra und was die beiden mit dem Borbaradkult zu tun haben, reizt mich da schon mehr. So sehr, dass ich gar nicht abwarten kann endlich herauszufinden, warum der Typ im Moor einen so vernarbten Rücken hat, warum Cairons Vater so unbedingt auf die Hochzeit Calandras mit Falk von Arivor drängt, warum wir plötzlich zaubern können…
Seine Faszination zieht Demonicon für mich dabei aus den vielen Dialogen. Diese sind toll vertont und ziehen mich einfach in ihren Bann, denn die deutschen Sprecher machen einen hervorragenden Job. (Nur die Gesichtsanimationen transportieren rein gar nichts von den Emotionen, die die Sprecher anbieten.) Aber allein weil es häufig Hinweise und zusätzliche Abenteuerpunkte gibt, sollte man sie sich alle anhören…alle…auch wenn das nachts um zwei Uhr schon mal ganz schön langatmig wirken kann.
Genau diese Abenteuerpunkte braucht man dann auch, um seinen Charakter auszubauen und zu verbessern. Folglich hört man sich brav alles an, klappert jede optionale Nebenquest ab und versucht jede noch so versteckte Truhe zu zu plündern, um besser zu werden und gegen alle Gegner bestmöglich gewappnet zu sein. Notwendig ist das aber nicht, denn die Kämpfe Demonicons sind ziemlich einfach – zumindest noch. Man braucht nur artig den „Dämonische Aura“-Zauber aufwerten und flink hin und her Rollen, dann besiegt man jede noch so große Gegnerrotte und auch alle Endgegner mühelos. Allerdings verpasst man so auch viele versteckte Goodies, die man nur mit der konsequenten Aufwertung anderer Talente finden kann. Ob sich dadurch gänzlich andere Storypfade erschließen oder sich der Wiederspielwert erhöht, wage ich aber zu bezweifeln. Immerhin bietet das Spiel sowohl den Haudrauf-Berserkern (also mir) als auch den Magiern, Fernkämpfern und Alchimisten einen eigenen Weg das Spiel zu bestreiten.
Vorläufiges Fazit:
Demonicon ist keine Schönheit, hat aber eine Geschichte zu erzählen, die mich fesselt und weiterspielen lässt. Das macht für mich mehr aus als so manche Grafikorgie bieten kann!