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Mein erstes Photoshooting im Studio

Klassische Frontansicht des Sets

Letzten Samstag hatte ich mein erstes richtiges Photoshooting. Das Modell war bereit, das Photostudio gemietet und ich war aufgeregt wie Bolle wegen der ganzen Dinge, die ich jetzt endlich mal mit genügend Zeit ausprobieren durfte. Ich war sogar so aufgeregt, dass ich mir gleich noch ein wenig Equipment zulegen und ausleihen musste, um auch ja ausreichend ausgestattet zu sein. Dazu gehörten dann zwei neue Systemblitze vom Chinamann (ein Yongnuo YN-560 III und ein Shanny SN600SC ), Farbfolien und ein Sender für meine Yongnuo YN-622C E-TTL Transceiver. Dann nochmal ein paar Blitz-Tutorials von Stephan Wiesner studieren und ich fühlte mich gut vorbereitet – dachte ich.

Nun, zum Glück kann ich sagen, dass mein Modell geduldig mit mir war. SEHR geduldig sogar – es bewegte sich praktisch stundenlang gar nicht und ließ mir viel Zeit alles einzustellen. Spaß beiseite, bei meinem Modell handelte es sich um ein High-End Schlagzeug Set eines guten Freundes und Drummer der berliner Power-Metal Band Thunder and Lightning. Und wenn dieses XL-Modell sich plötzlich bewegen würde… 🙂

Lichtsetup

Es dauerte dennoch gut eine Stunde bis ich das Licht halbwegs so eingestellt bekam, wie ich mir das zuvor ausgemalte. Mit meinen drei Systemblitzen wollte ich den schwarzen Hintergrund rot beleuchten und von schräg links und schräg rechts oben die ganze 3m Drumfront gleichmäßig ausleuchten. Für ein Rimlight sollten zwei starke Video-LED-Panels sorgen, die ich mir auf Arbeit aus dem Videostudio ausgeliehen hatte – Pfft was war ich naiv. Zunächst einmal ließen sich die Wirkung der LED Panels im finalen Photo mal so gar nicht erkennen, obwohl ich immer weiter mit der Belichtungszeit rauf ging (von zunächst 1/160s dann später auf 1/40s). Konnte ich also knicken! Dann stellte sich heraus, dass der Yongnuo Yn-560 III Blitz, obwohl er auf einem Yongnuo YN-622C steckte, sich par tout nicht vom YN-622C-TC Sender auslösen lassen wollte. Klasse. Wieso sollten auch zwei Produkte aus dem selben Hause miteinander kompatibel sein? Also stand ich plötzlich nur noch mit zwei Blitzen da. Zum Glück war das Photostudio mit einer Blitzanlage ausgestattet, die wir benutzen durften. Ein großer, über einen Kran beweglicher Blitzkopf mit Wabenaufsatz hatte eine funktionierende Photodiode und ließ sich dazu überreden mitzublitzen. Damit konnte ich endlich loslegen.

There’s only one rule for metal: Play it fuckin‘ loud!

Sets

Ich habe weder Ahnung von gutem Posing noch von Drumsets, also musste Inspiration aus dem Internet her – Google Images und Flickr sei dank. Die klassische, immer wiederkehrende Pose war die frontale Ablichtung des Sets mal mit, mal ohne den Drummer. Dann gab es die obligatorische „ich bin ein ganz böser Metal-Drummer und haue alles zu klump“ Perspektive von schräg oben (die mir trotz starker Weitwinkelverzerrung irgendwie am besten gefallen hat) und natürlich eine Rückansicht des ganzen Sets.

Auch immer gern gesehen sind Detailaufnahmen der einzelnen, zum Teil seltenen und teuren Becken oder der Lackierung der Drums (Toms? Snares? WTF?). Zum Glück hatte ich wirklich alles dabei was mein Objektivpark hergab – vom Tamron 24-70 f/2.8 über meinen neuen Weitwinkelschatz, dem Tamron 15-30 f/2.8, bis hin zum Canon 100mm f/2.8. Das war auch gut so, denn so konnte viel gespielt werden und ich war wenigstens hier nicht eingeschränkt.

Nachbearbeitung

Während der Nachbereitung war ich froh, dass wir noch vor Ort aus den knapp 300 Photos einige markiert hatten, die uns am besten gefielen. Am Ende blieben knapp 40 in der Endauswahl und letztendlich musste ich nur 20 bearbeiten. Mein Versuch alles in Lightroom abzufrühstücken scheiterte dabei kläglich. Ich habe einen echt kräftigen PC, aber bei so vielen verschiedenen, teilweise lokalen Korrekturen (Ränder abdunkeln, Dinge wegstempeln, Klarheit, Reflexe, Tiefen, Lichter, Dodge and Burn, Farbanpassungen) ging er irgendwann massiv in die Knie und ich öffnete reumütig Photoshop. 60-90min stecken in jedem Bild und ich bin jetzt echt am überlegen wie das Profis handhaben. Ich meine, da kommen doch bei manchen Aufträgen locker 100x so viele Photos zusammen, die können das doch nicht alles Photoshoppen?!?

Was habe ich gelernt und was würde ich besser machen?

Im Nachhinein betrachtet war es gar nicht schlecht an einem immobilen Objekt seine ersten Studioversuche durchzuführen, so hatte ich zumindest genügend Zeit. Trotzdem hätte ich alle Bilder besser um eine Blende heller belichten und anschließend bei der RAW-Entwicklung abdunkeln sollen. Denn trotz ISO 100 rauscht meine Canon 6D in den aufgehellten Tiefen doch teilweise ganz schön arg. Das mag man auf dem Bildschirm mit verkleinerten Bildern nicht sehen, aber ICH sehe das an meinem Monitor. „Pixel-Peeper“, mögen manche abfällig sagen, aber es stört mich wirklich. Da war mein Anspruch an mein Ergebnis vermutlich höher als meine „Wissen-Material“-Kombination zu leisten vermochte 🙂

Das in einem Studio Striplights, Schirme, Beauty-Dishes und Co. herumstehen, hat durchaus einen Sinn. Ohne so ein Projekt jemals selbst durchgeführt zu haben, kann man vermutlich mit noch so viel Youtube-Anleitungen und Krolop & Gerst Trainings sich nicht für alles wappnen. Ich hatte zu wenig und zu schwaches Licht dabei, um das große Drumset ausreichend auszuleuchten. Manches konnte ich in Photoshop retten oder nachmalen, aber nicht alles. Ich kann jedem empfehlen sich für die ersten Versuche ein vollausgestattetes Studio zu mieten. Man umgeht viel Stress, auch wenn man sich erstmal in die unbekannte Funktionsweise der Studioblitze einarbeiten muss.

Sehr glücklich war ich hingegen mit der Entscheidung „Tethered“ zu schießen, also alles via USB-Kabel sofort in Lightroom hinein zu laden. Das dauerte pro Bild zwar ein paar Sekunden, das größere Display meiner Laptops half uns aber ungemein das Licht besser einzustellen und mich zu positionieren. Das Display der Kamera ist dafür denkbar ungeeignet. Manchmal sah ich auf das kleine Schummerlicht und dachte „jo“, was sich mit anschließendem Blick auf den Laptop ganz schnell in ein „no“ verwandelte.

Alles in Allem hat es mir aber sehr viel Spaß gemacht. Sowohl während des Shootings als auch bei der Nachbearbeitung habe ich viel gelernt. Nächstes Mal suche ich mir ein bewegliches Ziel. 🙂

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