Die Milchstraße habe ich schon an diversen Orten gesehen. Doch egal ob in den Bergen oder in der Südsee, ich hatte bisher nie richtig ernsthaft versucht sie zu fotografieren. Entweder ich hatte keine Kamera dabei, kein Stativ oder keine Ahnung. Und hier in Berlin? Da sieht man eh kaum Sterne. Vielleicht mal einen… die Sonne 😉 Doch nur ~70km von Berlin entfernt gibt es einen Ort, da soll alles anders sein. Ein Sternenhimmel wie an den dunkelsten Plätzen der Erde, fast völlig frei von Lichtverschmutzung. Seit Anfang 2014 ist der Naturpark Havelland in Brandenburg offiziell ein Himmelsreservat der International Dark Sky Association (IDA) und wirbt um Sternengucker und Touristen.
Das war für mich Grund genug sich mit den Grundlagen der Astrofotografie bei Lonelyspeck.com vertraut zu machen und einen nächtlichen Ausflug Richtung Gülper See zu planen, wo einer von fünf Photo-Hotspots angepriesen wird.
Am schwierigsten gestaltete sich tatsächlich die Terminfindung. Nur im Sommer steht der breite und farblich interessante Mittelbereich der Milchstraße in unseren Breiten überhaupt über dem Horizont. Dazu sollte man noch darauf achten, dass man +/- drei Tage rund um den Neumond anreist, weil sonst unser blasser Himmelsnachbar alles überstrahlt und natürlich muss auch das Wetter halbwegs passen. Kurzum, seit ich mir das Vorhaben „Sternenpark“ in den Kopf setzte, bis zu seiner ersten Realisierung, vergingen 6 Monate 🙂 Vorgestern war es aber endlich soweit. Gutes Wetter, Neumond – alles passte, also ab nach Gülpe.
Ich weiß nicht so recht was ich eigentlich erwartete, aber irgendwie war ich zunächst ein wenig enttäuscht von dem was ich vorfand. 90 Minuten nach Sonnenuntergang war es noch immer viel zu hell, so dass man höchstens die größten und bekanntesten Sternbilder erkennen konnte- langweilig, ich wollte die Milchstraße. Das änderte sich erst weit nach Mitternacht und ein paar Energydrinks. Mit dem bloßen Auge kaum auszumachen, doch für den empfindlichen Sensor meiner Canon 6D endlich sichtbar begann ich ernsthaft mit dem Fotografieren. ISO hoch, Belichtungszeit nicht länger als 500/Brennweite Sekunden, Blende voll auf, Spiegelvorauslösung, Kabelfernauslöser uuund los.
Irgendwann trifft aber auch den aufgekratztesten Fotografen die Müdigkeit und der Rückweg ist ja auch noch lang. Also wurde irgendwann alles wieder ordentlich verstaut und im Auto Richtung Berlin gerollt. Um 4 Uhr morgens blieb mir nur ein letzter wehmütiger Blick an den Sternhimmel, der vor meiner Wohnung nur eine dunkelgraue Masse ist und keinem Vergleich mit dem nur 70km entfernten Havelpark zulässt. Das mache ich nochmal!
Ein paar Tipps:
- Folgende nicht-photo Utensilien solltet ihr euch überlegen mitzunehmen:
- Autan (das juckt immer noch),
- einen Campingstuhl (vier Stunden stehen ist anstrengend),
- eine Kopflampe mit roter LED (blendet Euch und andere Sternengucker nicht so sehr wie eine normale Taschenlampe),
- etwas zu knabbern (nachts um 4 findet man auch in Berlin nicht mehr an jeder Ecke was zu essen)
- Selbst wenn Eure Kamera nicht mehr die Neueste sein sollte, schießt eure Photos ruhig mal mit hoher ISO (~6400). Dank Image Stacking kann man aus vielen Aufnahmen noch unglaubliche Details herausholen (was ich bei obigen Bildern auch teilweise angewandt habe). Etwas Photoshopgeschick ist jedoch Voraussetzung
https://www.youtube.com/watch?v=Rydg7JGTAbw - Gönnt euch eine Smartphone App wie PhotoPills. Mit deren Hilfe könnt ihr euch sowohl darüber erkundigen wann der Mond auf- und untergeht, ob und viel voll er am Himmel steht, wann ihr wohin schauen müsst, um die Milchstraße genau dort zu sehen wo es für euren Bildaufbau hilfreich ist und noch so vieles mehr.
Nachtrag:
Ich stand hier, als ich meine Bilder aufnahm: